1. Weltkrieg

 

 

 

Aus "Heer und Heimat"  1914-1918

 

 

 

'Pferdebeschaffung für das Feldheer'

 

 

 

 

Erinnerungen an die Kriegsjahre im Königlich Preussischen Kriegsministerium

von Ernst von Wrisberg, Generalmajor a.D.

 

 

Während das Feldheer seinen Bedarf in den ersten Monaten des Krieges durch Beitreibungen mit Leichtigkeit deckte, wurden die Forderungen für die Formationen in der Heimat bis Ende 1916 fast ausschliesslich durch freihändigen Ankauf im Inlande, in Österreich-Ungarn und im neutralen Auslande erfüllt.

Mit der Dauer des Krieges ging das Ergebnis dieser Pferdeankäufe wesentlich zurück. Die Preise wuchsen derartig, dass schon Ende 1914 Höchstpreise für die Pferdeankaufsorgane der Heeresverwaltung festgesetzt werden mussten. Sie stiegen von 1600 bis 1800 M. Ende 1914, auf 2400 bis 3200 M. Winter 1916 bis Frühjahr 1918 und erreichten später die Höhe von 5200 M.

Die schon 1915 einsetzende Futternot zeitigte empfindliche Pferdeverluste.

Es musst daher nach anderen Wegen Umschau gehalten werden, um die sich stetig steigernden Ersatzforderungen des Heeres zu decken.

Zunächst wurden die Etats im Feld- und Besatzungsheer verringert; beim Feldheer erging ein Verbot des Deckens der Stuten. Alle Bedarfsmeldungen des Feldheeres mussten über das Kriegsministerium gehen, die stellvertretenden Generalkommandos erhielten Mitteilung, mit welcher Zahl von monatlich abzugebenden Pferden sie zu rechnen hatten.

Auf diese Weise kam das R.M. in den Jahren 1915 und 1916 aus.

 

Hatte die Sorge um die Landwirtschaft bisher davon abgehalten, Aushebungen in grösstem Masse vorzunehmen, so zwang Ende 1917 die Lage dazu. Um die Besitzer den gesteigerten Handelspreisen entsprechend zu entschädigen, erfolgte ein Aufschlag zum Friedenspreis. Dieser Zuschlag belief sich anfangs auf 50%, steigerte sich im Mai 1918 bis auf 125% und sollte Ende des Jahres weiter erhöht werden. Die Pferdeankäufe in Österreich-Ungarn, die zeitweise durch die dortige Regierung unterbunden worden waren, kamen wieder in Gang, den General-Gouvernements Belgien und Warschau wurde die die Lieferung einer grösseren Anzahl von Pferden aufgegeben, Kavallerie-Regimenter des Feldheeres wurden zu Infanterie-Truppenteilen umgewandelt, die Etats bei den Ersatzformationen, Etappen-Behörden und Truppen nochmals verringert, die Remonten der Jahrgänge 1913 bis 1916 freigegeben, kurzum, jedes nur einigermassen Erfolg versprechende Mittel angewendet, um den Bedarf unter möglichster Schonung des eigenen Landes zu decken. Diesem sollten als Ersatz für die abgegebenen Pferde die aus den General-Gouvernements zu liefernden arbeitsverwendungsfähigen Pferde * sowie alle dienstunbrauchbaren des Feldheeres zufliessen.

Den Forderungen des Feldheeres für Frühjahr 1917 konnte so entsprochen werden.

Allerdings bedurfte es hierbei eines starken Druckes seitens des Kriegsministeriums besonders auf das General-Gouvernement Warschau, das dem von ihm verwalteten Lande aus politischen Gründen eine starke Belastung ersparen wollte.

 

Vom Mai 1917 an übernahm der Generalquartiermeister die Pferdegestellung beim gesamten Feldheer, das Kriegsministerium für die Neuformationen in der Heimat und Auffüllung der Ersatztruppenteile. Hierzu sollte jenem alle Pferdebestände bei den Armeen, in den besetzten Gebieten und General-Gouvernements zu Verfügung stehen.

 

Im Sommer 1917 forderte der Generalquartiermeister 10'000 Pferde monatlich; blutige Verluste, Unterernährung und Seuchen hatten tiefe Lücken gerissen. Es gelang, der Forderung zu entsprechen, wobei allerdings die die besetzten Gebiete den Hauptanteil stellen mussten.

 

Ich habe stets den Standpunkt vertreten, dass in erster Linie das eigene Land zu schonen sei. Es ist bezeichnend, dass Reichtagsabgeordnete links stehender Parteien eine abweichende Ansicht äusserten. Eine solche Gefühlsduselei konnte auch nur bei uns Deutschen entstehen.

 

Winter 1917/18 musste wieder zu Aushebungen geschritten werden. Gleichzeitig wurde der Pferdeetat des Besatzungsheeres auf das äusserste beschränkt. So mussten sich zum Beispiel bei jedem Bataillon zwei Kompanieführer mit einem Pferd, das zur Not noch dienstunbrauchbar sein konnte, behelfen. Um dem Wirtschaftsleben weiteren Ersatz für die auszuhebenden Pferde zuzuführen, erfolgte die Abgabe aller garnison- und arbeitsverwendungsfähigen Pferde – bis auf die Wirtschaftspferde des Heeres – an die Landwirtschaft.

Es war natürlich, dass durch diese starke Verringerung der Pferdebestände im Besatzungsheere eine erhebliche Verschlechterung der Ausbildung eintrat; sie musste in Kauf genommen werden.

Im Januar 1918 verlangte die D.H.L. vom Kriegsministerium 26'000, von April bis Ende Juni monatlich 18'000 Pferde, zusammen 80'000 Pferde. Hiervon hoffte die Remonte-Inspektion die Hälfte durch Ankauf im neutralen Auslande zu beschaffen.

Die zugesagten Monatsraten wurden voll aufgebracht: wo die bundesstaatlichen Kriegsministerien sich hierzu ausserstande erklärten, sprang Preussen ein. Allerdings verblieben den Ersatzformationen bei einem Bedarf von 56'000 Pferden nur 12'000.

"Trotzdem wird" - so schrieb das Kriegsministerium am 28.04.18 an den Generalquartiermeister – auch das letzte kriegsverwendungsfähige Pferd der Heimat dem Feldheer zugeführt werden, wenn es die Lage erfordert".

Für das 3. Vierteljahr 1918 blieben dem Kriegsministerium als Quelle für den Nachersatz nur der Ankauf im In- und Auslande und Obostpferde**, da Aushebungen wegen der Ernte und der Bestellung vor Winter 18(19 ausgeschlossen waren. Man hoffte, 20'000 Pferde stellen zu können.

Die Riesenschlachten im Westen waren noch in vollem Gange, als die Verhandlungen über die Pferdeversorgung des Feldheeres für den Zeitraum vom 1. Oktober 1918 bis 30. Juni 1919 zwischen Kriegsministerium und Oberster Heeres-Leitung einsetzten. Der Generalquartiermeister forderte monatlich 6'000 Pferde, zusammen 56'000 Pferde. Das Kriegsministerium erklärte sich bereit, 54'000 Pferde in ungleichen und zwar stärkeren Raten im ersten Vierteljahr 1919 wegen der dann vorzunehmenden Aushebungen zu stellen, wenn vom Feldheer der Heimat 40'000 arbeitsverwendungsfähige Pferde in der Zeit vom 1.9. bis 31.12.18 zugeführt würden, unbeschadet der zur fliessenden Lieferungen von arbeitsfähigen Pferden. Dies wurde für die Zeit bis zum 1.4.1919 zugesagt. Zur Durchführung dieser Massnahmen kam es nicht mehr.

 

Erwähnen muss ich noch, dass Obost** beabsichtigte, vom 1.5. bis Ende 1918 dem Kriegsministerium aus der Ukraine und Grossrussland 100'000 Pferde zu liefern. Wenn es auch geraume Zeit dauern musste, bis diese Pferde in der Heimat eingetroffen und als seuchenfrei dem Heere oder der Wirtschaft zugeführt werden konnten, so war die Unterstützung doch sehr willkommen. Die Lieferung kam leider nicht über die ersten Anfänge hinaus.

 

Mein Urteil über das Pferdematerial kann ich dahin zusammenfassen, dass unsere Warmblüter, besonders der Ostpreusse, ebenso wie der schwerere Schlag des Oldenburgers, Mecklenburgers, Hannoveraners sich glänzend bewährt haben. Das Vollblutpferd erforderte zuviel Futter und Pflege; beides konnte ihm nicht gegeben werden.

 

 

Mecklenburger

 

Der schwere Pferdeschlag erlag den Anstrengungen des Krieges in grosser Zahl.

 

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* Sehr bald waren auch die für die Einteilung des Mannschaftsersatzes als praktisch befundenen Bezeichnungen kv., gv., av., d.u. als Massstäbe für die Brauchbarkeit des Pferdematerials in Aufnahme gekommen.

** Obostpferde / Obost: Ende November 1914 begann man mit der Zusammenfassung mehrerer Armeen Heeresgruppenstäben. Im Osten erhielt Hindenburg ab November 1914 die Leitung der Operationen als "Oberbefehlshaber Ost" (ObOst) übertragen.
Je nach der operativen Situation ist es im Laufe des Krieges zu wechselnden Zusammenfassungen und Gruppierungen gekommen. Im Osten kam es 1915 zu einer "Heeresgruppe Mackensen", die vom ObOst unabhängig war. 1916, in der Krise der galizischen Front, kam es schliesslich wieder zur einheitlichen Befehlsstruktur der "Heeresfront OB Ost" zu der drei deutsche Heeresgruppen mit vier unterstellten deutschen und einer k.u.k. Armee gehörten.

 

 

 

 

 

 

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